Von jüngsten publizistischen Attacken auf das «Kind Europas» und auf die (anthroposophische) Kaspar-Hauser-Forschung
Unter den Menschen, die eines unnatürlichen Todes sterben, gibt es zwei Kategorien: Solche, mit deren Tod sich die Nachwelt in der einen oder anderen Weise abfindet, um zur Tagesordnung überzugehen; und solche, deren Tod sowie auch deren Identität immer wieder Gegenstand erneuter Auseinandersetzungen wird. Zur zweiten Kategorie gehört die unter dem Namen Kaspar Hauser bekanntgewordene rätselhafte Persönlichkeit, die am 17. Dezember 1833 gestorben ist, drei Tage nach einem Mordanschlag im Hofgarten von Ansbach. Schon zu Lebzeiten Kaspar Hausers, das heißt vor allem seit dem Zeitpunkt seines plötzlichen Auftauchens in Nürnberg am Pfingstmontag des Jahres 1828 sind die Stimmen nicht verstummt, die in ihm den beiseite geschafften Erbprinzen der Zähringer Linie des Hauses Baden sehen wollen. Die Last der Indizienbeweise für diese Annahme ist in der Tat gewichtig; sie reichen vom „Memoire“ des Kaspar-Hauser-Freundes und -Forschers Feuerbach über Jakob Wassermann bis zu jüngsten Publikationen. Und die Tatsache, daß noch der heutige Markgraf von Baden „jegliche Aufklärungsarbeit aus den Akten seines Hauses sabotiert“ (Die Zeit vom 29. November 1996), stellt ganz gewiß kein Gegengewicht dar, das man auf die Schale der Verneiner der Prinzentheorie legen könnte. Was sollte denn der Forschung zu verbergen sein, wenn die noch heute unter Verschluß gehaltenen Akten Eindeutiges gegen die Prinzentheorie zu sagen hätten und sie das Haus Baden ein für allemal von dem gravierenden Verdacht eines dynastischen Verbrechens befreien könnten, der seit 1833 wie ein Fluch auf diesem Hause lastet?
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