Seit über einem Jahr braust ein stürmischer Wind durch die Welt: eine Demonstration jagt die nächste. Die Demonstration ist ein Menschenrecht, ein subjektives Recht, das jedem Menschen gleichermaßen zusteht. Das Konzept der Menschenrechte geht davon aus, dass alle Menschen allein aufgrund ihres Menschseins mit gleichen Rechten ausgestattet und dass diese Rechte universell, unveräußerlich und unteilbar sind. Das Demonstrationsrecht leitet sich ab von den Rechten auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung und auf Versammlungsfreiheit. Die ideelle Basis stammt aus der Aufklärung. Demonstrationen hat es seither immer wieder gegeben: gegen den Vietnamkrieg, gegen den Nato-Doppelbeschluss, gegen den Irakkrieg, usw. Eine neue Qualität hatten 1989 die «Montagsdemonstrationen» in der damaligen DDR: Hunderttausende skandierten – teilweise unter Lebensgefahr – auf der Strasse «Wir sind das Volk» und forderten Freiheit und Demokratie. Sie duckten sich nicht mehr vor der Obrigkeit, sondern forderten ihre Grundrechte ein. Nach diesem Vorbild finden solche «Montagsdemonstrationen» seit zwei Jahren auch in Stuttgart statt – nicht in Lebens-, aber doch in Verletzungsgefahr. Am 26. 10. 2009 protestierten vier Menschen gegen den Bau von «Stuttgart 21», inzwischen sind es jeden Montag Zehntausende, am 26.12.2011 fand bereits die 106. Demonstration statt. Die Menschen haben es satt, von solch gigantischen und bürokratischen Projekten wie der «S21» überrollt zu werden. Sie wollen nicht mehr regiert werden, sondern ihre Zukunft selbst mitbestimmen. So konnten sie eine Volksabstimmung erzwingen – was in der Schweiz zwar normal ist, in Deutschland aber einer Sensation gleichkommt. Auch wenn die Volksbefragung verloren ging, hat sich ein Impuls manifestiert, der nicht mehr verschwinden wird.
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